Inside BFSU
Inside BFSU
Der perfekte Sprung ins kalte Wasser.
Stepinski

Interview
mit Fabian Stepinski

Vor einigen Jahren war Fabian Stepinski Schüler an der BFSU. Heute ist er Student. Und professioneller Wasserspringer. Wir haben ihn zwischen Training und Vorlesungen erwischt und wollten mehr über seine Karriere, seinen Alltag und seine Ambitionen erfahren.

 

Guten Nachmittag – oder besser gesagt guten Morgen!
Grüezi! Ja bei mir ist es tatsächlich erst neun Uhr morgens. Aber wach bin ich eh schon seit ein paar Stunden.

 

Wo leben Sie denn genau?
In North Carolina, in einer Stadt namens Chapel Hill. Hier studiere ich seit Sommer 2019 Wirtschaft im Hauptfach und Computer Science im Nebenfach. Und daneben absolviere ich meine Trainings im Wasserspringen.

 

Wie sieht ein normaler Tag bei Ihnen aktuell aus?
Jeden Morgen startet mein Tag um sechs Uhr. Um sieben habe ich mein erstes Training und anschliessend bis zu drei Vorlesungen vor der Mittagspause. Anschliessend stehen erneut drei Stunden Training an. Am Sonntag habe ich dann jeweils meinen «Rest Day».

 

Das klingt intensiv. Wie schaffen Sie es, Uni und Sport miteinander zu vereinbaren?
Es ist definitiv eine Herausforderung. Aber glücklicherweise gibt es für uns Sportler die Möglichkeit, in die Nachhilfe zu gehen, wenn man irgendwo Probleme hat. Man wird hier wirklich gut unterstützt, damit man nicht ins Hintertreffen gerät aufgrund der vielen Trainings. Und das ist entscheidend. Denn ich kann nur dann Wettkämpfe in der Uni-League bestreiten, wenn mein Notendurchschnitt genügend ist.

 

Ich wusste früher gar nicht, dass Wasserspringen eine offizielle Sportart ist. Wie haben Sie Ihre Leidenschaft dafür entdeckt?
Als Kind war ich immer sehr aktiv, war im Unterricht oft hibbelig und unaufmerksam. Damit ich meine überschüssige Energie abbauen konnte, motivierten mich meine Eltern dazu, Sport zu treiben. Fussball? Handball? Ich hatte ehrlich gesagt keine Ahnung, was mir gefällt. Ich probierte verschiedene Sachen aus, fand’s lustig, aber war nie hellbegeistert. Dann kamen die Sommerferien und wir reisten nach Kroatien. Dort verbrachte ich praktisch jeden Tag damit, auf Felsen zu klettern und ins Meer zu springen. Offenbar ziemlich mutig und gekonnt. Das hat meiner Mutter Eindruck gemacht und sie erkundigte sich, ob es in unserer Nähe einen Wasserspring-Verein gibt, der den Nachwuchs fördert. Und siehe da, ich ging zum Schnuppertraining und bin seitdem dabei geblieben.

 

Wie wurden Sie dann vom Anfänger zum Leistungssportler?
Man muss wissen, dass ich mit meinen zehn Jahren eigentlich schon zu alt war, um in diesen Sport einzusteigen und einigermassen erfolgreich zu sein. Man stellte mich also quasi in die «Hobbyecke». Das war mir damals aber ganz egal. Ich wollte einfach eine gute Zeit haben und besser werden im Wasserspringen. Und besser wurde ich dann zum Erstaunen der Trainer sehr schnell. Irgendwann trainierte ich fast täglich und hatte immer noch total Spass daran. Das war ein fliessender Prozess.

 

Wann ging’s so richtig los mit der Sportkarriere?
Als ich in der Sekundarschule war. Die Trainer dachten zunächst, mein Zug sei bereits abgefahren. Doch dann ging irgendwie der Knopf auf. Ich kam ins Nationalteam. Nahm an der Junioren-Europameisterschaft teil. Von da an war ich im Leistungssport.

 

Haben Sie dann alles auf die Karte Wasserspringen gesetzt?
Nun ja, nach der Sekundarschule stellte sich natürlich die Frage: Machst du das jetzt wirklich seriös? Dann musst du entweder ins Sport-Gymnasium oder das Sport-KV machen. An der Gymi-Aufnahmeprüfung scheiterte ich leider kläglich. Also machte ich das KV an der United School of Sports und konnte daneben intensiv weitertrainieren.

 

Und nach dem Abschluss machten Sie die BMS…
Ja. Ich hatte das grosse Glück, dass mich meine Eltern sehr unterstützten. So konnte ich die Sportkarriere weiter vorantreiben und daneben die zweijährige BMS machen. Mir wurde die BFSU empfohlen, doch leider war ich sehr spät dran mit meiner Anmeldung. Es war nämlich bereits der Donnerstag vor Schulstart, als ich anrief. Beim Sekretariat war man jedoch so flexibel und engagiert, dass bis zum Wochenende alles abgewickelt war und ich am Montag darauf mit der Schule beginnen konnte. Das war schon etwas verrückt (lacht).

 

Wie haben Sie die Zeit an der BFSU erlebt?
Es herrschte sehr persönliche, angenehme Stimmung. Aufgrund von Wettkämpfen fehlte ich ab und zu, aber man zeigte viel Verständnis und Flexibilität. Der Rektor war begeistert von meinen sportlichen Ambitionen und stellte nur zwei Bedingungen: Ich musste frühzeitig mitteilen, wenn ich am Unterricht nicht teilnehmen konnte, und ich musste dafür sorgen, dass meine Noten stimmen. Es war ein super Gefühl für mich, zu wissen, dass man mich so unterstützte!

 

Nun studieren Sie in den USA…
Nach der BMS war mir klar, dass ich zwar den Sport noch längst nicht an den Nagel hängen will, jedoch unbedingt auch eine gute Ausbildung brauche. Schliesslich kann man von diesem Sport nicht leben – zumindest in der Schweiz nicht. Ich hatte vom Modell gehört, dass Sportlerinnen und Sportler an einer US-Universität studieren können und im Gegenzug für die Uni an Wettkämpfen starten. Ich bewarb mich bei verschiedenen Uni-Trainern und wurde hier in Chapel Hill angenommen. Ganz ehrlich: Die erste Studienzeit war eine riesige Challenge. Mein Englisch war zwar gut, aber wenn dann auf einmal alles Englisch ist – auch komplexe Vorlesungen – ist das nochmal ein anderes Paar Schuhe. Heute fühlt es sich an, als sei Englisch quasi meine zweite Muttersprache.

 

Und wie läuft’s auf der sportlichen Ebene?
Sehr gut. Ich habe sogar mit über zwanzig Jahren noch das Springen von der 10-Meter-Plattform für mich entdeckt. Bisher lagen mir Sprünge vom Ein- und Dreimeter immer viel besser.

 

Was gefällt Ihnen an Ihrem aktuellen Leben am besten?
Die Wertschätzung die ich hier in den USA bekomme. Für meine Leistungen als Sportler und für das, was ich als Mensch mitbringe. Das ist zuhause nicht dasselbe. Auch musst du in der Schweiz extrem gut sein, um genug zu verdienen und zumindest einen Grossteil der persönlichen Ausgaben decken zu können. Hier in Amerika ist die Mentalität anders. Hier sagt man sich «Hey, diese Leute verfolgen ihre Leidenschaft und geben Vollgas. Wir schätzen sie dafür und fördern sie.» Das ist das Nonplusultra für mich.

 

Und welche Ambitionen haben Sie für die Zukunft?
Ich will das Beste aus meinen letzten Jahren als Leistungssportler rausholen. Leider sind ja die Olympischen Spiele 2020 ins Wasser gefallen. Darum sagte ich mir: Bis zu meinem Uniabschluss 2023 will ich alles geben und dann schauen, ob es realistisch ist, dass ich 2024 an den Olympischen Spielen starten kann. Falls ja, will ich mich ein Jahr lang voll darauf konzentrieren. Falls nein, habe ich einen wichtigen Lebensabschnitt im Guten abgeschlossen. Wo es mich dann hin zieht? Das steht noch in den Sternen.

 

Was würden Sie Ihrem früheren Ich raten?
Hör auf dein Bauchgefühl! Spontane Entscheidungen sind meistens die Besten. Das war ja schon so, als ich mich von heute auf morgen für die BFSU entschied.

 

…nur noch ganz kurz:

  • Wann waren Sie an der BFSU? August 2016 bis Juni 2018 (BM2 Teilzeit)
  • Lieblingsfach an der BFSU? Mathematik und Wirtschaft
  • Beste Note im Abschlusszeugnis? Mathematik
  • Und die schlechteste? Französisch
  • Lieblings-Netflix-Serie? Ozark
  • Was haben Sie immer dabei? Meinen Rucksack mit allen Trainingssachen – Badehose, Tüechli, Shorts, T-Shirt
  • Ultimatives Traum-Reiseziel? Die US West Coast
  • Worauf sind Sie am meisten stolz? Dass ich im Sport immer Biss bewiesen habe und dadurch stetig weiterkam
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